Gebäude 1

Die Volksschule - heute das Museumsgebäude
Gegenüber der Kirche finden wir die „Alte Schule“ in einem schönen Fachwerkgebäude. Wo in früherer Zeit unterrichtet wurde, wissen wir nicht. Die ersten Lehrer sind uns vom Ende des 17. Jahrhunderts bekannt. Lange Zeit - bis zu den Anfängen des 20.Jahrhunderts - fand der Unterricht in diesem Fachwerkgebäude statt.

Lehrer Ebertshäuser und seine Schüler dürften sich sehr gefreut haben, als sie endlich der beengten alten Schule entkamen und in das neue Gebäude – das heutige Heimatmuseum – umziehen konnten.

Wegen der hohen Schülerzahl wurde nach Ludwig Arnold mit Heinrich Fink später sogar eine zweite Lehrerstelle eingerichtet.

Lehrer Pörtner begann seine Tätigkeit als Nachfolger von Lehrer Ebertshäuser 1916 und war an der Medenbacher Schule noch drei Jahre tätig, als Lehrer Ernst Pfeiffer am 1.Juli 1922 seine Stelle antrat.

Alte Medenbacher erinnern sich noch gut an Ernst Pfeiffer, der vom 1. Juli 1922 bis zu seiner Pensionierung am 31. Dezember 1957 Lehrer und Schulleiter in Medenbach war, die meisten Jahre als alleiniger Lehrer.

Ernst Dambmann berichtet aus seiner Schulzeit in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts: „Im April 1930 kam ich in die Volksschule zu Medenbach. Wir waren drei Buben und drei Mädchen. Die Unter-, Mittel- und Oberstufe der einklassigen Schule bestand aus 43 Kindern. Unser Lehrer Pfeiffer wohnte im Parterre des Schulhauses, im ersten Stock war der Schulsaal.“

Natürlich war erfolgreicher Unterricht mit Kindern vom sechsten bis vierzehnten Lebensjahr in einem Raum – so sah es damals noch in vielen Dorfschulen  aus – nicht  einfach durchzuführen: Es mussten Arbeitsgruppen gebildet werden. Dabei konnte die starre Einteilung von Jahrgangsklassen je nach Können der Kinder aufgehoben werden und auch ein Helfersystem ließ sich einrichten. Horst Pfeifer erzählt, wie die Großen in der Pause spielerisch mit den jüngeren Schülern das Einmaleins übten. Disziplin war unabdingbar. Daran haperte es, besonders bei den heranwachsenden Jungen, jedoch nicht selten. Strafen waren an der Tagesordnung. Nicht mehr vorstellen mag man sich heute, dass auch das Verhalten der Schüler außerhalb des Unterrichts vom Lehrer reglementiert und Verstöße bestraft wurden, beispielsweise wenn Kinder nach Einbruch der Dunkelheit noch auf der Straße waren.

Ernst Dambmann: „Unser Lehrer führte ein strenges Regiment, er griff oft gleich zum Stock, manchmal nur wegen Geringfügigkeiten.“ Heinz Noll kann ergänzend berichten, dass die Haselnussstöcke durch die heftigen Schläge leicht brachen und die Jungen dann neue Stöcke aus dem Wald mitbringen mussten. Oft war der Religionsunterricht in der ersten Stunde. Bei Vorfällen erfolgte dann das „Biblische Strafgericht.“

Die Strenge des Lehrers Pfeiffer hatte – man kann es sich fast denken – bei den Medenbacher Jungen kaum Erfolg. Im Gegenteil, sie dachten sich böse Streiche aus. Bei ehemaligen Schülern ist die Erinnerung  noch sehr lebendig: „Unser Lehrer hatte ein Bienenhaus. Wir schmierten Leim von Obstbaumringen ans Bienenhaus. – Im Krieg schlug Lehrer Pfeiffer den Leuten vor, sich ein Milchschaf zu halten. Als wir uns einmal geärgert hatten, melkten wir nachmittags sein Schaf aus. – Er hielt Hühner. Die Eier haben wir ausgetrunken, mit Gips gefüllt und wieder ins Nest gelegt.“ Und so fand der Schüler H. in seinem Zeugnis für die Lehre die Bemerkung: „Er ist ein ganz intelligenter Junge, muss von Zeit zu Zeit gebügelt werden.“

Mädchen sind besser mit ihrem Lehrer ausgekommen. Nachsitzen und „in der Ecke stehen“, „an den kurzen Haaren ziehen“ und Knuddeln an den Ohren“ kam aber auch bei diesen vor. Erinnerungen gibt es an den Ausspruch: „Wer Antwort gibt, auch wenn sie falsch ist, ist mir lieber als der, der nichts sagt.“ Und auch daran, dass fleißige und aufmerksame Kinder bei ihm etwas lernen konnten. 

Herbert Albert erinnert sich an ein gefährliches Erlebnis 1944: „Die Schule war mit Lehrer Pfeiffer zum Sport auf dem damaligen Sportplatz links hinter der Autobahnunterführung Richtung Wildsachsen. Dort gab es in der Nähe Gräben und Aufschüttungen von der früheren Sandgrube. Zeitweise diente der Bereich auch als ‚Schindkaut‘. Es gab Fliegeralarm. Erste Tiefflieger waren in Sicht, die Schüler suchten Deckung im Wald und in den Gräben. Als es etwas ruhiger wurde, teilte Lehrer Pfeiffer immer zwei größere Schüler, die in ihrer Mitte einen Grundschüler führten, ein und an der Autobahn entlang wurde in Richtung Unterführung gerannt. Man suchte Sicherheit unter der Brücke. Herbert konnte beobachten, wie unsere Flak einen Flieger anschoss und dieser abtrudelte. Plötzlich tauchte Bürgermeister Kugler mit seinem Motorrad auf, ließ dem Lehrer gegenüber ein böses Donnerwetter los, nahm seinen Sohn Alfred und mich aufs Motorrad und fuhr heim.“

Über die letzten Kriegsmonate hielt Lehrer Ernst Pfeiffer Folgendes fest: „Durch die andauernden Bombenangriffe unserer Feinde war eine allmähliche Zermürbung und Demoralisierung im Volke eingetreten. Der Wunsch nach Frieden um jeden Preis wurde immer stärker. Der Schulunterricht war nur noch unregelmäßig. Kaum hatte der Unterricht morgens begonnen, da gab es schon wieder Luftalarm. Die Kinder wurden sofort entlassen und liefen schnell nach Hause. Bestimmungsgemäß sollten sie im Keller der Schule untergebracht werden, aber die Verantwortung war für mich zu groß. Es brauchte nur eine Bombe auf das Schulhaus zu fallen, dann wären sämtliche Kinder des Orts verloren gewesen.“

„Am 21.3.1945 wurde das letzte Schuljahr entlassen. Es waren sechs Mädchen und vier Knaben. Die übrigen Kinder wurden auf unbestimmte Zeit beurlaubt, da an einen geordneten Unterricht nicht mehr zu denken war.“
Eine Woche später sollten die Amerikaner das Dorf einnehmen. Medenbach hatte damals 375 Einwohner.
Was folgte, ist an anderer Stelle ausführlich berichtet: Die letzten Wehrmachtseinheiten zogen ab, hinterließen Material und die sogenannten „Russengäulchen“. – Die weiße Fahne wurde gehisst, die Amerikaner rückten ein, letzte Kampfhandlungen fanden statt.

Es würde zu weit führen, hier ausführlich über die Schulverhältnisse in der Nachkriegszeit zu berichten. Im Heimatbuch „Geschichte und kleine Geschichten aus Medenbach“ finden sich noch ausführlichere Berichte aus der Zeit bis 1964. (Vom Schulstreik, der Schulspeisung, Anschaffung von neuen Möbeln und Geräten, vom Lehrerkind in Medenbach, dem Bemühen um Erhalt der Schule im Ort.)

An dieser Stelle sind noch die Lehrerinnen und Lehrer nach Pensionierung des Lehrers Pfeiffer zu erwähnen, die längere Zeit hier unterrichtet haben und in Erinnerung geblieben sind: Hellmut Giersdorf, Ernst Bernhard, Hermann Schultz, Eleonore Fuhrer, Brigitte Urban, Armin Lahr, Gisela Eichler.