Gastwirtschaft „Schützenhof"
Schon die Familiengeschichte der Besitzer des „Schützenhofes", der ältesten Medenbacher Gastwirtschaft, ist erzählenswert. Georg Jacob Kleber, geb. 1868, war der Wirt.
Seine Witwe Katharina Luise Kleber, auch „Schwarz Kathrin" genannt, folgte ihm. Sie wird als lebenslustige Frau beschrieben, die im Testament ihres Mannes vor die Wahl gestellt war, das Erbe anzutreten oder wieder zu heiraten. Sie freundete sich mit Heinrich Pfeifer I. (geb. 1884) aus Breckenheim an, der ihr Lebensgefährte wurde. Er wurde ihr Erbe, als sie 1946 im 78. Lebensjahr verstarb. Er soll Ähnlichkeit mit Josef Stalin gehabt haben, und so hieß der Wirt im Dorf „Stalin". Er war in seiner Jugend in Wiesbaden Bursche beim Bruder des Generalfeldmarschalls Rundstedt im Infanterieregiment 87/88 gewesen.

Der Schützenhof war eine typische Apfelweinwirtschaft „mit eigener Kelterei und Hausmacher Speisen in bekannter Güte", wie es in einer Anzeige von 1933 heißt. Besondere Gäste waren Beamte aus Wiesbaden, die an ihrem freien Mittwochnachmittag gerne zum Schützenhof kamen. Für eine Reichsmark konnten sie Speck und Eier essen und Apfelwein trinken.
„Stalin" setzte viel Apfelwein um. Zusätzlich zum eigenen Keller hatte er schräg gegenüber am Neuen Weg 12 ein weiteres Lager. Man sah ihn oft mit seiner weißen Schürze und dem großen Bembel, der zehn bis zwölf Liter fasste, hinübergehen und Nachschub holen. In seiner Halle lagerte er Lich, das wurde zum Dichten der Apfelweinfässer gebraucht. Es stammte aus dem Sumpfgebiet zwischen dem Medenbach und den Häusern. Er verkaufte dies auch an Bauern und Wirte in den Nachbarorten. „In den Nachkriegsjahren kam im Herbst immer ein Küfer mit Lederschürze zu ihm. Dieser reinigte und dichtete die Fässer. Er legte zwei dünnere Baumstämme auf die Straße und schwenkte die mit kochendem Wasser gefüllten Fässer, indem er sie über die Bohlen rollte“, erzählt Werner Fischer.
„Es wurde auch Bier der Mainzer Aktien Brauerei ausgeschenkt. Die Brauerei kam mit einem gelben LKW mit Vollgummireifen. Dicke Matten wurden ausgelegt, dann sind die Bierfässer runtergedotzt und wurden reingeschibbelt."

Schon die „Schwarz Kathrin" beschäftigte ein Dienstmädchen mit dem Namen Bertha, das sehr beliebt war. Diese hatte den August Fischer geheiratet und war die Mutter von Hilde Anhalt und die Großmutter von Jutta Ramspott. Stalin vererbte dem Ehepaar Fischer den Schützenhof. Da sie keine Geschwister hatte, wurde Hilde, verheiratete Anhalt, Alleinerbin. Lange kochte Oma Bertha, wie mir Jutta Ramspott erzählte, für die Gäste, auch mittags. Bertha Fischer starb 1984. Jutta und Ulrich Ramspott hatten später den Schützenhof betrieben, zeitweise auch verpachtet - die große Zeit der Medenbacher Apfelweinwirtschaften endete in den siebziger Jahren.
Mit einem Gruß an Medenbach aus Berlin 1952 hat ein in den Kriegs- und Nachkriegsjahren ins Ländchen verschlagener Berliner den Schützenhof besungen.

